Jagdknecht Ottonen

Das 10. Jh., die Zeit der Ottonen, war eine konfliktreich: Nachdem König Heinrich I. den Thron des Ostfrankenreichs bestiegen hatte, musste er sich die Adeligen seines Reichs zu Freunden machen und einen Kompromiss zwischen königlicher Herrschaft und Selbständigkeit der Herzogtümer wie Franken, Schwaben und Bayern finden. Von außen wurde Heinrichs Reich durch Einfälle der Magyaren bedroht. Dieses geschickte Reitervolk aus dem Südosten konnte schnell zuschlagen, drang bis ins Elsass und nach Lothringen vor und machte auf seinem Weg regelmäßig reiche Beute. Die Reaktionen waren ein mit Tribut erkaufter Waffenstillstand, der Aufbau einer schlagkräftigen schweren Reiterei, um schnell auf die magyarischen Angriffe reagieren zu können und die Schaffung von Fluchtburgen für die Bevölkerung. Letztere haben sich an einigen Stellen in Süddeutschland als eindrucksvolle Bodendenkmäler erhalten.

Doch Heinrich war nicht nur auf die Sicherung seiner Reichsgebiete bedacht, sondern führte auch Kriegszüge gegen seine Nachbarn. Durch Feldzüge gegen die heidnischen Slawen östlich der Elbe und Saale, wurde in den Jahren 928 und 929 der Hunger Heinrichs und seines Adels nach neuen Besitzungen gestillt. Gleichzeitig dienten die kriegerischen Auseinandersetzungen auch zur Vorbereitung auf die Abwehr weiterer Ungarneinfälle.

Zur entscheidende Wende im Konflikt mit den Magyaren sollte es jedoch erst unter Heinrichs Nachfolger Otto I. kommen, 955 mit der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg. Dieser Sieg und eine geschickte Innen- und Außenpolitik ebneten ihm den Weg zur Kaiserkrönung 962 und ließen ihn als Otto den Großen in die Geschichtsschreibung eingehen.

Doch nur ein kleiner Teil der Bevölkerung des 10. Jh. gehörte zusammen mit dem König dem Adel an. Ebenso waren der Klerus und die Stadtbewohner zahlenmäßig nur gering vertreten. Dagegen war der Großteil der Bevölkerung agrarisch geprägt, lebte und arbeitete auf dem Land.

Blicken wir ins Bistum Augsburg, auf die fiktive Geschichte eines Jagdknechts aus der Mitte des 10. Jh., inspiriert von archäologischen Funden aus dem Raum Augsburg und dem restlichen Gebiet der Ottonenzeit, den Bildern zeitgenössischer Psalter und mittelalterlichen Erzählungen.

Man nennt mich Wilderich,

geboren in den Eichenwäldern, nordwestlich von Augsburg, in einem kleinen Dorf nahe der Feste Hammelberg an der Schmutter gelegen.

Sohn von unfreien Bauern, die zum Machtgebiet des Bischofs von Augsburg gehörten.

Dieser bot meinen Eltern ein Leben als freie Bauern mit belehntem Land an, wenn sie zusammen mit anderen Familien die sumpfigen Waldgebiete westlich von Augsburg an der alten Römerstraße zu fruchtbarem Ackerland wandeln konnten.

So lernte ich Viel über das raue naturnahe Leben außerhalb der sicheren Dörfer und Städte. Darunter auch die Kräuterkunde und die Jagt vor allem gefährlicher Tiere wie Bären und Wölfe.

Als Bischof Ulrich vom Burgstall am Hammelberg aus eine Jagd veranstaltete, wurde ich wegen meiner Kenntnisse als Jagdknecht verpflichtet. Seither stand ich direkt in den Diensten des Ulrichs von Augsburg.

Als Jagdknecht war es meine Pflicht dafür zu sorgen, dass das gewählte Jagdgebiet gut zugänglich und mit hohem Wildbestand versehen war. Dafür arbeiteten viele Knechte fast ein Jahr, um das Waldgebiet begehbar und das Wild vor Ort zu halten.

Kurze Zeit nach dieser großen Jagd ging ich auf Wanderschaft. Der Bischof sandte mich, aufgrund meines Geschicks in der Wolfs- und Bärenjagd, das ich in meiner Jugend erlangt hatte, ins Allgäu, um dort den Bauern bei der Bekämpfung dieser Bedrohung zu helfen. Zu jener Zeit litten die einfachen Menschen stark unter den Machtkämpfen der Obrigkeit und den Einfällen der Magyaren. So verbrachte auch ich viele Tage in einer Fluchtburg, bangte um mein Leben und verteidigte es nicht zuletzt auch tapfer am Wall – mit Bogen, Speer und Axt.

Nach der Lechfeldschlacht und den Slawenkriegen kehrte schließlich mehr Frieden ins Land ein. Nach den Wirren dieser Zeit und nach vielen Jahren auf Wanderschaft im Machtgebiet Ulrichs führte mich mein Weg noch einmal auf eine Reise: Als Trossknecht und Jäger begleitete ich einen großen Tross in die Hessengau. Dort, nahe dem Fluss Eder, fand ich schließlich ein neues Zuhause.